Dr. Rico Badenschier (SPD) - Antwort vom 12. Januar 2016


Sehr geehrte Frau Steiner, sehr geehrter Herr Szymik, Rico Badenschier

vielen Dank für Ihre Anfrage und Ihr Interesse am Bürgerhaushalt. Ein solcher kann die Distanz zwischen Bürgern und Politik verringern. Es benötigt aber immer Menschen wie Sie, die mit eigenem Engagement diese Themen auch voranbringen. Machen Sie bitte weiter. Sollte es nach Plan verlaufen, möchte ich in den nächsten sieben Jahren auf Ihre Hilfe zur Einführung eines Bürgerhaushalts zurückkommen. Zu Ihren Fragen:

1. Wie stehen Sie grundsätzlich zur Einführung eines Bürgerhaushalts in Schwerin?

Die Willensbildung in politischen Parteien ist ein wichtiges Standbein unserer Demokratie. Jedoch belastet eine zunehmende Distanz zwischen den Entscheidungsträgern und der Bevölkerung das politische Handeln. Für mich ist das Überbrücken dieser Distanz der Schlüssel zu einer gelebten Demokratie. Eine starke Bürgerbeteiligung mit niedrigen Hürden ist dafür ein erster Schritt. Ein Ziel und Motivation für eine Beteiligung kann auch ein kommunaler Bürgerhaushalt, wie er in einigen Gemeinden Deutschlands bereits praktiziert wird, darstellen.

2. Welche Vor- und Nachteile wären aus Ihrer Sicht mit einem Bürgerhaushalt in Schwerin verbunden?

Die schlechte Finanzlage wird als Argument gegen einen Bürgerhaushalt aufgeführt. Aber das Beispiel Hilden zeigt, dass auch gemeinsames Sparen die Beteiligung stärkt. Eine große Chance besteht darin, sonst uninteressierte Bürger für eine Beteiligung an der Gestaltung der Kommune zu aktivieren. Ein Risiko sehe ich darin, dass dann die lautesten Gruppen ihre Positionen durchboxen können. Hier muss es klare Regeln zur Verhinderung von Missbrauch geben.

3. Ist der Haushaltsplan verständlich genug aufbereitet, um eine Bürgerbeteiligung zu ermöglichen?

Der Haushaltsplan muss unbedingt verständlicher aufbereitet werden. Mehrere hundert Seiten voller Zahlen sind schon für ehrenamtliche Stadtvertreter und Ausschussmitglieder schwere Kost und stellen für eine breite Beteiligung die größte Hürde dar.

4. Wie groß sind die tatsächlichen Mitwirkungsmöglichkeiten der Schwerinerinnen und Schweriner bei der Erstellung des Haushaltsplanes?

Die tatsächlichen Mitwirkungsmöglichkeiten sind derzeit sehr gering: Die Verwaltung legt nach der Haushaltsklausur im Spätsommer einen Entwurf vor, der von den pflichtigen Ausgaben dominiert wird. In die Ausschussberatungen können über die Stadtverterter Vorschläge eingebracht werden, in der Praxis wird der Entwurf jedoch nur marginal geändert.

5. Welche Teile des städtischen Haushalts sind besonders geeignet, um Vorschläge, Anregungen und Ideen der Bürgerinnen und Bürger einfließen zu lassen und welche nicht?

Im freiwilligen Bereich, z.B. der Kultur- und die Sportförderung werden wir die Prioritäten ganz klar in einem Bürgerhaushalt festgelegen. Im pflichtigen Bereich ist es für einen Bürgerhaushalt schwieriger: Beim Katastrophen- und Brandschutz oder bei den Kitaplätzen müssen Standards zwingend eingehalten werden. Aber auch hier gibt es oberhalb der Minimallinie Entscheidungsspielräume. Und es geht nicht nur um die Ausgabenseite. Auch bei der Festlegung der Steuersätze werde ich die Bürger beteiligen. Dann werden wir breit diskutieren und es wird transparent, dass man das Aufgaben auch Finanzieren muss.

6. Würden Sie im Rahmen eines Bürgerhaushalts auch Vorschläge, Anregungen und Ideen der Bürgerinnen und Bürger berücksichtigen, die nicht mit Ihrer persönlichen bzw. politischen Zielstellung übereinstimmen?

Ein klares Ja. Es müssen aber nachvollziehbare Interessen und das Gemeinwohl hinter der Entscheidung stehen. Wiederholt vorgetragene Wünsche Einzelner (s.o.: Missbrauch) zählen nicht dazu.

7. Welche Formen der Bürgerbeteiligung würden Sie als OB bei einem Bürgerhaushalt favorisieren? (z.B. Bürgerversammlungen, Online-Umfragen, Anschreiben usw.)

Umfragen werden im Internet und parallel im Stadtanzeiger veröffentlicht, verbunden mit der Möglichkeit sich online und auf Papier zu beteiligen. Zur Erläuterung werden zweigestaffelte Bürgerversammlungen stattfinden: Zuerst zur Aufnahme und Diskussion über die Anregungen. In einer zweiten Runde werden dann die Abwägungsprotokolle vorgestellt. Dabei wird jede(!) Anregung auch schriftlich bewertet (siehe Bürgerbeteiligung zum ISEK in der Hansestadt Stralsund).

 

Mit freundlichen Grüßen
R. Badenschier