Begriffserklärung


Was ist ein Bürgerhaushalt? Zum Begriff Bürgerhaushalt existiert bis heute keine allgemein anerkannte Definition. Dies liegt einerseits an der Komplexität des Begriffs und den unterschiedlichen Ausprägungen von Bürgerhaushalten in der Praxis. Andererseits liegt dies jedoch auch daran, dass keines der rund um den Bürgerhaushalt organisierten Netzwerke über genügend Einfluss und Legitimität verfügt, diesem eine allgemeingültige Definition zu verleihen.1

Für einen Bürgerhaushalt sind folgende fünf Bedingungen zu erfüllen:2

  1. Im Zentrum der Beteiligung stehen finanzielle Angelegenheiten, es geht um begrenzte Ressourcen.
  1. Die Beteiligung findet auf der Ebene der Gesamtstadt oder auf der eines Bezirks mit eigenen politischen und administrativen Kompetenzen statt. Ein Stadtteilfonds allein, ohne Partizipation auf der gesamtstädtischen bzw. bezirklichen Ebene, ist kein Bürgerhaushalt.
  1. Es handelt sich um ein auf Dauer angelegtes und wiederholtes Verfahren. Ein einmaliges Referendum zu haushalts- oder steuerpolitischen Fragen ist kein Bürgerhaushalt. 
  1. Der Prozess beruht auf einem eigenständigen Diskussionsprozess, der mittels Internet oder Versammlungen bzw. Treffen geführt wird. Eine schriftliche Befragung allein ist demnach kein Bürgerhaushalt. Ebenso nicht die bloße Öffnung bestehender Verwaltungsgremien oder Institutionen der repräsentativen Demokratie. 
  1. Die Organisatoren müssen Rechenschaft in Bezug darauf ablegen, inwieweit die im Verfahren geäußerten Vorschläge aufgegriffen und umgesetzt werden.3

Die Entscheidungsmacht über den gemeindlichen Haushaltsplan bleibt bei Bürgerhaushalten in Deutschland grundsätzlich bei der jeweiligen Gemeindevertretung. Die Bürgerinnen und Bürger können lediglich Vorschläge einbringen aber nicht direkt mitentscheiden.4 Folglich ist eine detaillierte, verständliche und frühzeitige Rechenschaftslegung der Kommunalpolitik nötig, um nicht den Eindruck von Scheinbeteiligung zu erwecken. Die Chancen und Grenzen der Bürgerbeteiligung müssen von Beginn an deutlich gemacht werden, um bei den Bürgerinnen und Bürgern keine falschen Erwartungen zu wecken.5

Etwa 120 Städte in Deutschland haben bereits einen Bürgerhaushalt eingeführt.6 Bei konsequenter Weiterentwicklung dieses Partizipationsverfahrens können Bürgerhaushalte dazu beitragen, die von Politikverdrossenheit bedrohte repräsentative Demokratie wieder zu beleben und das Misstrauen der Bürger gegenüber Politik und Verwaltung zu reduzieren.7